Sonntag, 6. März 2011

... ein ganz neues Gefühl...

Vorwort... die folgenden Worte sollen versuchen eine ganz besondere Stimmung zu beschreiben... Wenn du lieber Leser, diese liest, behalte bitte immer im Hinterkopf dass dies nur das Potpourri der Eindrücke der ersten noch wenigen Stunden in Kolumbien ist. Auch wenn also alles vielleicht ein wenig weniger euphorisch klingt als erwartet.... es geht mir fantastisch... nur brauche ich wohl noch etwas mehr Eingewöhnungezit... Aber lies selbst.... :o)
 Seit nunmehr fast 65h bin ich in Barranquilla. ... Dazu weiter unten mehr... denn: Zuvor durfte ich noch für 3 Tage einen klitzekleinen Eindruck von Miami und Fort Lauderdale gewinnen und Freunde besuchen. Schon das war ein erster „Kulturschock". Jedoch erging es mir in Florida eher so, dass ich die ganze Zeit staunend feststellen musste, dass es all die Dinge, die man aus den U.S.A. - beziehungsweise aus Filmen, Büchern, oder berichten - so kennt, tatsächlich und ganz wirklich gibt. Erfreut war ich über die gelben großen Schulbusse; über UPS Autos, die tatsächlich mit offener Fahrertür über die Highways brettern, über riesige Trucks und dergleichen.
 
Insgesamt hinterlassen die 3 Tage in Florida einen sehr entspannten und sonnigen Eindruck auf mich. Ich habe das Gefühl nur einen Bruchteil gesehen zu haben (logisch) und habe den Wunsch in Zukunft noch mehr zu sehen.

In Barranquilla ereilte mich der nächste „Kulturschock“… diesmal ist er jedoch von anderer Art. Noch in Miami hatte ich unglaubliches Glück und wurde Dank einer kolumbianischen Mitarbeiterin von meiner Fluggesellschaft „upgegradet“ und durfte zum ersten Mal in meinem Leben First Class reisen. Und das mit dem Ausblick auf die Karibik, auf Kuba und Jamaika. Ein Traum! Ich hatte mich relativ ausführlich mit ihr unterhalten und sie fand es so toll, dass jemand kommt um in ihrem Land ein paar Monate seines Lebens zu verbringen. Auch dass ich vorhabe den Kindern an der Schule Deutsch beizubringen etc. fand sie toll. Als Willkommengeschenk dann änderte sie eben einfach meine Platzierung und so kam es, dass ich mit Champagner und Fisch und Weißwein… und VOR ALLEM sooo viel mehr Platz reisen durfte!!! Ein toller Start… dementsprechend war ich unglaublich gespannt und die Vorfreude darüber, dass es nun endlich losgehen sollte, wurde unbeschreiblich groß. Auf dem Flughafen der kleinen Stadt gab es dann die ersten Berührungen mit dem CARNAVAL de BARRANQUILLA! (dazu dann später ausführlich mehr...) Verkleidete und vor allem leicht bekleidete Damen umringt von Musikern begrüßten die Ankömmlinge mehr als fröhlich und stimmungsvoll!

Draußen wurde ich von der wahnsinnigen Hitze sowie einer deutschen Lehrerin und ihrem Mann herzlich in Empfang genommen. Nach der dann ersten Sicherheitseinweisung („wenn du hier ankommst, gehe immer hierhin, das Taxi buchen, niemals zu den Taxis an sich, denn da kann XY passieren…!“) fuhren wir los in Richtung Barranquilla Nord…

UND DA WAR ER AUCH SCHON… der Kulturschock…den ich mal versuche in Worten wieder zu spiegeln und anzudeuten… und vielleicht sogar zu erklären… irgendwie.

Der Verkehr hier funktioniert nach absolut eigenen Regeln, die mir erstens ganz und gar nicht einleuchten und mir zweitens vor allem Angst machen. Mehrmals habe ich allein auf der Hinfahrt mein Leben an mir in Bilder vorbeiziehen sehen… Die Busse hier sind unglaublich voll, manche müssen sich halb aus dem Bus hängend an einer Stange festhalten, um mitzufahren. Busfahrpläne oder gar Haltestellen gibt es nicht. Wer will stellt sich an die Straße und wartet ab. Bist du dann einmal drin und sitzt sogar im richtigen Bus, musst du dann an die Scheiben klopfen, um den Haltewunsch anzuzeigen, woraufhin SOFORT angehalten wird… egal wo.

Das einzige, das alle in diesem Verkehrsgewimmel zu einen scheint ist die große Freude am Hupen. Abgesehen vom Straßenverkehr habe ich auf diese etwa 30minütigen Fahrt aber auch erste kolumbianische Eindrücke gewonnen. Vieles scheint sich hier draußen abzuspielen. Ich habe viele Leute gesehen, die am Straßenrand saßen. In Gruppen unterhielten sie sich gestenreich, hörten Musik oder bereiteten ihr Essen zu. Auch zahlreiche Händler säumten die Straßen.

Insgesamt wirkte das Treiben auf mich sehr lebendig, laut, chaotisch und irgendwie undurchdringbar… Schon jetzt habe ich viele Baracken und auch herrenlose Tiere gesehen. Sah Kinder, die vollkommen verdreckt und in schlechter Kleidung die Straßen säumten und betteln. Habe Häuser gesehen, die scheinbar von vielen bewohnt werden und die als Dach ein großes Tuch haben. Auch kommt uns plötzlich ein von Eseln gezogener Karren entgegen… das muss man auf die Schnell erst einmal verarbeiten und erfassen…

In Barranquilla direkt dann durchfuhren wir „das Zentrum“. Eine große Kirche, umgeben von Marktständen und Händlern. Zahlreiche Leute sind unterwegs und auf den Straßen. Ich finde es interessant. Diese Gegend hat Charme und irgendwie habe ich Lust die ersten Bilder zu schießen. Ich frage meine Begleitung ob es von meiner Wohnung aus weit hier her sein. Ich möchte zurück, um das bunte Treiben zu erleben. Sie warnt mich nach einem erschrockenen Blick jedoch eindringlich dieses Viertel absolut zu meiden. Schon gar nicht alleine oder mit einer Kamera herzukommen…

Dies werden nicht die einzigen Warnungen bleiben für die nächsten Tage… es geht munter so weiter… und ein jeder weist mich immer und immer wieder daraufhin, gut auf meine Sachen aufzupassen, und besser nie etwas mit raus zu nehmen. Ich denke inzwischen auch nicht mehr, dass diese Warnungen übertrieben sind… Was mich auch dazu bringt, die Warnungen wirklich ernst zu nehmen ist, dass wirklich alle unabhängig voneinander und immer wieder durchdringend und ernsthaft zur Achtung mahnen, das der Sohn unserer Gastgeberin uns kaum einen Schritt allein machen lässt, auch wenn das für ihn sehr großen Aufwand bedeutet.. vor allem aber auch, dass inzwischen mehrfach versucht wurde, im Gewimmel des Karnevals meine Handtasche weg zu ziehen. Ich hatte nur Glück, dass diejenigen keine Waffen oder ähnliches dabei hatten, wie es hier bei Überfällen oft der Fall ist. Denn dann hilft auch das Festhalten oder Aufpassen nichts. Nach den Schauergeschichten, die man hier hört, warten die Diebe dann eben, bis man alles Wertvolle abgelegt und übergeben hat.


Der eigentliche „Kulturschock“ – wenn man dieses Gefühl überhaupt so nennen kann – kommt jedoch woanders her…

Ich erlebe hier etwas, das ich absolut nicht kenne und gewohnt bin. Jedes Mal, wenn ich das Haus verlasse, falle ich auf. Das ist ja an sich nichts Schlimmes und damit habe ich auch gerechnet. Worauf ich jedoch nicht vorbereitet bin, das sind die Blicke und die Kommentare der Menschen. Ich spüre es regelrecht, wie man mich entdeckt, sich dann anhaut, und auf mich zeigt. Spüre, wie man mich mit unverhohlener Skepsis und Misstrauen betrachtet. Dies schließt nicht aus, dass es nicht auch super positive und erfreute reaktionen gibt... die gibt es zu hauf! Was jedoch hängen bleibt sind eben diese kleinen Momente, des Unwohlseins... In denen cih mich eben fühle, als würde ich wie ein Leuchtturm die Blicke auf mich ziehen weil ich aliengleich durch die Straßen fliege... oder so ähnlich eben ;o)

Dabei kann ich mich eigentlich überhaupt nicht beschweren. Ich habe bereits unglaublich herzliche und wirklich freundliche Kolumbianer kennen lernen dürfen und mir ist auch kein Übel passiert. ABER ich spüre sehr intensiv, wie unwohl und fremd ich mich bisher in dieser Stadt fühle.

Inzwischen wird mir ziemlich mulmig und ich traue mich kaum die Wohnung und damit das sichere Umfeld zu verlassen. Wenn wir raus gehen, dann nur in der Gruppe und am liebsten auch in Begleitung von Kolumbianern.

Hinzu kommt, dass ich bisher ganz und gar keine Vorstellung von Barranquilla habe! Normalerweise, wenn ich in eine Stadt reise, besuche ich das Zentrum, flaniere durch die Straßen, sauge das Flair mit allen Sinnen auf und lerne den Ort so ein wenig kennen. Hier höre ich stets und ständig Warnungen, weiß nicht einmal wo ich in der Stadt genau wohne, wo das Zentrum liegt o.ä. …

Ich weiß, ich bin erst 3 TAGE hier und ich will auch nichts beschreien. Ich denke dass es normal ist, sich auch fremd zu fühlen, denn das bin ich ja auch. Nur ist es momentan wirklich unangenehm und ich hoffe einfach, dass es von Tag zu Tag besser werden wird. Vor allem, wenn ich mich bald auch besser mit den Menschen hier verständigen kann.

Ich bin und bleibe einfach sehr optimistisch und hoffe, dass dieses mulmige Gefühl vergehen wird und dass ich mich irgendwann sehr viel wohler fühlen kann… Auch wenn das jetzt alles erst einmal sehr negativ klingen mag… es geht mir gut, ich genieße jede Sekunde und staune über all die Dinge die ich hier sehe, spüre, höre, schmecke und rieche… und denke wirklich dass ich mich mit der Zeit besser fühlen werde! :o)... Fotos reiche ich nach... :o)

6 Kommentare:

  1. Jette, ich drück dich feste...es ist schön wie du uns an deinem Abenteuer teilhaben lässt! Pass auf dich auf!!!

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  2. Liebe Jette...mit ganz viel Freude habe ich deine "Berichterstattung " gelesen.....allerdings auch etwas erschrocken und ein bißchen in Sorge....also bitte pass auf dich auf und ich wünsche dir eine schnelle Eingewöhnung und ich freue mich auf weitere einträge drück dich kuli

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  3. Hey Jette,

    das liest sich sehr schön, wie Du das schreibst... mach bitte weiter so.

    Und mit den ganzen Warnungen: Kopf hoch, das wird sich bestimmt im Laufe der Zeit noch alles relativieren. Pass einfach auf Deine Sachen auf und besonders auf Dich selbst... und denk dran: Es sind bloß materielle Dinge... alles kann wiederbeschafft werden (ok, außer sentimentale Wertschätze).

    Jedenfalls beneide ich Dich immer noch!

    Drück Dich,
    Olaf

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  4. Grüß dich mein großes Kind,

    volle Pulle Abenteuer, da kommt ein wenig Bammel vor der eigenen Courage! Aber völlig okay, wäre schlimm, wenn du absolut schmerzfrei und cool wärst. Vielleicht verstehst du jetzt, warum Mutti und du mich nicht überall hin begleitet haben. Mach deine Erfahrungen und behalte sie auch, wenn du wieder in D bist. Zum Genießen der schönen Stunden muss man dich ja nicht animieren, so bleibt mir nur noch Danke für den tollen Blog zu schreiben, hoffentlich hast du bald wieder Zeit zum Weitermachen.
    Ich denk an dich!

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  5. JetteJette,ich bin wirklich begeistert!
    Tolle Idee mit dem Blog.

    Viel Spaß weiterhin (daran habe ich keine Zweifel) und pass auf Dich auf!

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  6. Hey Zonie,

    du sprichst mir aus der Seele! Für mich ist auch jeder Schritt wie auf dem Laufsteg und die Warnungen machen einen ganz kirre. Aber: Wir packen das und wir genießen dieses Abenteuer!
    Ich denk an dich.

    Jeanette

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